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Vermitteln nicht-marktgängiger Arbeitsuchender
Hartz IV: Vermitteln nicht-marktgängiger Arbeitsuchender
„Wir sind am Bodensatz angekommen...“
Als ich diesen Satz im Kreise von Coaches und Sozialpädagogen aussprach, erlebte ich eine Inversion, die mich wie eine Lawine überrollte: Alle Anwesenden waren übereinstimmend meiner Meinung und erklärten mir gleichzeitig, dass man so etwas über Menschen nicht sagen dürfe. Warum eigentlich nicht?
Ich darf das – weil ich mit diesem Satz nicht das Buch zuschlage, sondern ein neues, passendes Buch öffne.
Wer in einem Arbeitsmarkt, der alles aufsaugt, was halbwegs den Eindruck erweckt, wirtschaftlich verwertbaren Nutzen zu bringen, auf der Strecke bleibt, kann nicht oder will nicht!
Spätestens mit diesem Satz setze ich mich der Gefahr aus, vorurteilsbelastet oder gar Menschen verachtend zu erscheinen und disqualifiziere mich in den Augen vieler Sozialpädagogen von unserem Berufsfeld. Tatsächlich geht es mir aber um die Schaffung einer neuen Arbeitsgrundlage, die Coaches und Vermittler in die Lage versetzt, alle Kunden zufrieden zu stellen:
Die, die nicht können, aber wollen, und die, die nicht wollen, aber können.
Wer sind die, die nicht können?
Persönliche Bewertung des Vermittlungsmarktes
Hartz IV: Vermitteln nicht-marktgängiger Arbeitsuchender
Sind die aktuellen Arbeitsuchenden überhaupt noch "zu vermarkten"?
Diese Frage bekomme ich in Seminaren immer wieder gestellt und die Frager berufen sich dann auf die These, dass der Arbeitsmarkt doch gierig alles aufsaugt, was bei drei nicht auf den Bäumen ist...
Vermittler machen mich immer wieder darauf aufmerksam, dass Arbeitgeber nicht so richtig an den Leistungswillen von Langzeitarbeitslosen glauben.
Für Probleme der Gegenwart haben die Lösungen der Vergangenheit ausgedient!
Wer wirklich etwas verändern will - sei es als Coach, Vermittler oder als Sozialberater - muss zu allererst gegebene Fakten beleuchten und sein Handeln in Abstimmmung mit diesen situativ anpassen.
Dann klappt´s auch mit der Vermittlung.
Alleinerziehend mit 2 Kindern - 2022
- Hauptkategorie: GBSim
Knapp 500 € monatlich mehr ohne Mehrarbeit - gewusst wie!
Die Geschichte ist aus dem Jahr 2017 - die Zahlen wurden auf die aktuellen Werte verändert.
Alleinerziehende Frau mit zwei Kindern (3 und 7 Jahre)
Ein ganz spannender Fall ergab sich anlässlich einer Geburtstagsfeier:
Dort lernte ich eine Frau Mitte 30 kennen, die sich von ihrem Mann trennen und die beiden Kinder mitnehmen wollte.
Die Trennung war für sie Fakt, ein Zurück gäbe es nicht, sie und ihr Mann wären sich darüber im Klaren, dass die Ehe als solche gescheitert sei.
Fixe Ausgaben 880 €
Sie hat eine schnuckelige Wohnung ausfindig gemacht mit genügend Platz für sich und die Kinder; die Wohnung kostet warm 700 €, für Strom rechnet sie mit 80 €, das Auto soll im Monat auf ca. 100 € kommen.
Einnahmen in Höhe von 1.703 €
So lange sie verheiratet ist, beträgt ihr Nettoeinkommen 747 € (sie zahlt 105 € Steuer), nach der Trennung wird sie mit Steuerklasse 2 ihr Nettoeinkommen um diese Steuer verbessern - zu erwartendes Plus 105 €.
Für die beiden Kinder wird entweder der Mann - im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit - Unterhalt bezahlen, gesichert ist auf jeden Fall der Unterhaltsvorschuss durch das Jugendamt - zu erwartendes Plus 413 €.
Sie übt einen Teilzeitjob aus, in dem sie bei 20 Stunden Wochenarbeitszeit ein Brutto-Einkommen von 1.138 € (bei Steuerklasse II netto 852 €) erzielt,
Kindergeld bekommt sie 438 €,
Unterhaltsvorschuss erwartet Sie in Höhe von 413 €.
Weitere Möglichkeiten der Unterstützung sind ihr nicht bekannt.
Nebenjob gesucht
Sie freut sich auf die neue Freiheit, die sie mit ihren Kindern genießen will, und ist gleichzeitig traurig, dass sie für diese Freiheit den Kindern einiges abverlangen muss.
Sie ist auf der Suche nach einer zusätzlichen Beschäftigung in der Systemgastronomie - sie denkt darüber nach, in der Abendzeit (wenn die Kinder schlafen) einige Stunden arbeiten zu gehen.
Hier werde ich hellhörig:
7jähriges Kind beaufsichtigt 3jähriges?
Es wäre nur eine Frage der Zeit, wann sie das Jugendamt im Haus hat - ich schlage ihr drei Alternativen zu ihrer bisherigen Einkommenssituation vor.
Viele Alternativen zu ihrer bisherigen Planung (1.703 € bei 20 h Wochenarbeitszeit)
Da ich weiß, dass sie sich in einer ausgewogenen Teilzeitjob-/Mutter-Rolle perfekt fühlt, geht es mir darum, die für sie ideale Verteilung von Arbeitszeit und Zeit für ihre Kinder zu finden.
Die möglichen Modelle sind:
- unverändert 20 Stunden, aber mehr Geld durch Sekundärgehalt (SGB II) bzw. Wohngeld und Kinderzuschlag,
- 25 % Mehrarbeit (Erhöhung auf 25 Stunden/Woche),
- 50 % Mehrarbeit (20 Stunden regulär + ca. 10 Stunden Minjob *)
- 50 % Mehrarbeit (Erhöhung auf 30 Stunden/Woche),
- 75 % Mehrarbeit (Erhöhung auf 35 Stunden/Woche),
- 100 % Mehrarbeit (Erhöhung auf 40 Stunden/Woche).
Arbeitszeit | bisher 20 Stunden |
unverändert 20 Stunden |
25 Stunden | 20 Stunden + ca. 10 Stunden Minijob * |
30 Stunden ** |
35 Stunden | 40 Stunden | ||||||||
Bruttoeinkommen | 1.050 € | 1.050 € | 1.313 € | 1.050 € +450 € |
1.576 € | 1.838 € | 2.101 € | ||||||||
Nettoeinkommen | 852 € | 852 € | 1.049 € | 1.302 € | 1.253 € | 1.422 € | 1.583 € | ||||||||
Kindergeld | 438 € | 438 € | 438 € | 438 € | 438 € | 438 € | 438 € | ||||||||
Unterhaltsvorschuss | 413 € | 413 € | 413 € | 413 € | 413 € | 413 € | 413 € | ||||||||
Sekundärgehalt | |||||||||||||||
SGB II | 489 € | ||||||||||||||
Wohngeld | 264 € | 177 € | 68 € | 150 € | 66 € | ||||||||||
Kinderzuschlag | 232 € | 232 € | 232 € | 232 € | 214 € | 142 € | |||||||||
verfügbares Einkommen |
1.703 € | 2.192 € | 2.199 € | 2.309 € | 2.453 € | 2.486 € | 2.553 € | 2.576 € | |||||||
finanzielle Verbesserung |
+ 489 € | + 496 € | + 606 € | +750 € | + 783 € | + 850 € | + 873 € | ||||||||
Verbesserung zur Spalte davor in € |
+ 489 € | + 7 € | + 110 € | +144 € | + 33 € | + 67 € | + 23 € | ||||||||
Stunden im Monat | 87 h | 87 h | 108 h | ca. 130 h * | 130 h | 152 h | 173 h | ||||||||
Weniger Zeit für die Kinder in Stunden pro Monat |
- 21 h | ca. - 43 h * | - 43 h | - 65 h | - 86 h | ||||||||||
Nutzwert (Verbesserung geteilt durch Zeitverlust) | 28,86 | ca. 18,21 * | 18,21 | 0,44 | 0,27 |
Welchen Vorschlag würden Sie machen?
* In Verbindung mit dem Minijob haben wir ein spezielles Problem: Er ist aktuell limitiert auf 450 € monatlich. Das bedeutet, dass bei jeder Gehaltserhöhung das Geld gleich bleibt, dafür sich die Stundenzahl reduziert. Deshalb haben wir die Werte mit "ca." gekennzeichnet, die Rechnung im obigen Beispiel basiert auf dem Mindestlohn von zurzeit 9,82 €.
Bei einem Mindestlohn von 12,- € (politisch geplant ab Spätjahr 2022) wären die 450 € bereits bei etwas über 8,5 Stunden wöchentlich erreicht.
** Vielleicht ist Ihnen der Unterschied beim Wohngeld zwischen Minijob oder ca. 30 Stunden Arbeit aufgefallen?
Dieser Unterschied resultiert aus einer Eigenart der Berechnung des Nettogehalts im Sinne des Wohngeldgesetzes: Hier wird das Bruttogehalt bei Zahlung von Sozialabgaben, Rentenversicherung und Steuer um jeweils 10 % reduziert.
Da beim Minijob keine Steuer vom Arbeitnehmer gezahlt wird (das Haupteinkommen i. o. Beispiel bei Steuerklasse II steuerfrei ist), kommen hier nur 20 % zum Abzug, bei den 30 Stunden regulär dann 30 %. Hier wäre es z. B. sinnvoll den Arbeitgeber des Minijobs zu bitten, die Steuer für den Minijob vom Nettogehalt abzuziehen...
Adalbert Jablonski
Project Coordinator
Das Märchen vom lieben Schwarzarbeiter
Die Gebrüder Grimm haben sehr viele schöne Märchen geschrieben. Was sie - vielleicht bewusst - nie geschrieben haben, ist
Das Märchen vom lieben Schwarzarbeiter
Es war einmal ein Schwarzarbeiter, der über und von sich ein wunderbares Selbstbild geschaffen hat. Er allein ist es, der dem Staat immense Einnahmen beschert:
"Gäbe es uns Schwarzarbeiter nicht, gingen Deutschland viele Einnahmen aus Mehrwertsteuer verloren!"
Bevor Sie sich wundern, wie das denn funktionieren soll - der schwarzarbeitende Maler als Beispiel nimmt für sich in Anspruch, dass durch seine Tätigkeit ja auch Materialien gekauft werden und eben diese werden ja mit Mehrwertsteuer bezahlt.
Klingt erst einmal nicht schlecht, aber ist aber schlichtweg die Unwahrheit:
Hätten Sie die Arbeitsleistung von einem Handwerker offiziell auf Rechnung erhalten, muss selbstverständlich auch das Material gekauft worden und da ist immer die Mehrwertsteuer zu entrichten. Darüber hinaus wäre auch die Mehrwertsteuer auf die Lohnleistung angefallen, der Staat - also letztendlich wir selbst - ist der Nutznießer.
Und prompt greift hier der Schwarzarbeiter erneut in die Trickkiste und stellt sich als Robin Hood dar, der den Reichen nimmt und den Armen gibt, sie vor den bösen überteuerten Unternehmern beschützt.
"Das arme Mütterchen könnte sich diese Leistung von meinem Arbeitgeber gar nicht leisten!"
Ich denke es ist Zeit, diesem Robin Hood hier mal seine freundliche Maske vom Gesicht zu reißen - ich weiß, in den Filmen ist Robin Hood ohne Maske unterwegs - Ihnen den Schwarzarbeiter einmal so zeigen, wie er wirklich ist: